Veröffentlicht vonKarsten

Als Spieler schaut man gerne mal zurück und erinnert sich an einige Titel, die schlicht und auf den Punkt gebracht etwas Besonderes waren. Titel, die uns auf ihre eigene Art fesselten und begeisterten. An solche Spiele erinnert man sich bei jedem Rückblick. Die Augen glänzen, während einzelne Gedankenfetzen an das Erlebte durch den Kopf huschen. Genauso ein Spiel durfte ich in den letzten Tagen nachholend genießen und ich verbeuge mich in aller Scham vor unseren Ninjas, weil wir dieses Spiel im Rückblick Cast 2010 nicht erwähnt haben. Ein Fauxpas, weil das Spiel viel zu gut ist, um es unerwähnt ins Nirvana von 2010 abdriften zu lassen. Weil es endlich mal wieder eine komplett einzigartige Facette des Spiels in unser Wohnzimmer bringt. Weil es mich emotional auf eine Art und Weise berührt und fesselt, wie es die wenigsten Spiele in den letzten 20 Jahren geschafft haben. Die Rede ist von Heavy Rain.

Die Fakten

Als Exklusiv-Titel kam Heavy Rain im Februar 2010 für die Playstation 3 auf den Markt. Die Entwickler Quantic Dream sammelten bereits 2005 mit dem Playstation 2/ Xbox / PC – Titel Fahrenheit einiges an Erfahrung, um das Genre des Adventures in eine Art interaktiver Film zu verwandeln, in dem der durchgehende Erzählfluss im Vordergrund steht. Sie erreichten das durch die Streichung der konservativen Rätsel- und Kombinationseinlagen und ersetzten diese durch Reaktionsaufgaben. Heavy Rain folgte diesem Schwerpunkt und bietet als Film noir-Thriller neben vielen Gesprächen eben genau diese Reaktionsaufgaben, die über „Sein oder Nichtsein“ entscheiden. Playstation 3-Besitzer können dabei zwischen einer normalen und einer Move unterstützten Variante wählen.

Die Geschichte

Das Spiel selbst startet als eine Art Lebenssimulation, in der ihr den Hauptcharakter Ethan Mars durch den eher langweiligen Alltag führt. Ihr steht auf und führt das Alter Ego erst einmal unter die Dusche, um den Morgen-Muffel abzuwaschen. Danach folgen das Abtrocknen (unterstützt durch eure Gamepad-Bewegungen) und der Gang zum Kleiderschrank. Bis die Familie nach Hause kommt arbeitet ihr noch ein wenig an der nächsten Bauzeichnung. Der gute Ethan ist Architekt. Als eure Familie nach Hause kommt, helft ihr eurer Frau mit dem Einkauf, deckt den Tisch und spielt mit euren Kindern im Garten. So weit, so idyllisch. Heavy Rain vermittelt bereits in dieser frühen Phase ein ganz besonderes Flair. Ihr interagiert mit eurer Umwelt durch vorgegebene Kombinationen und beobachtet dann das Ergebnis eurer Eingabe auf dem Bildschirm. Durch den geschickten Einsatz von Musik und Kameraeinstellungen baut ihr so bereits nach kurzer Zeit eine emotionale Bindung zu dem Charakter auf. Wie er das Bild anlächelt, auf dem er und seine Frau zu sehen sind. Wie verträumt er aus dem Küchenfenster sieht. Wir er im Garten mit den Holzschwertern seiner Kinder rumalbert. Das alles sind nur Kleinigkeiten, in Addition geben diese Details ein stimmiges Ganzes wieder, in welches ihr euch als Spieler verliert. Die Geschichte selber driftet nach einiger Zeit ins Genre des Krimis ab. Die Suche nach dem Origami-Killer steht als roter Faden des Spiels im Vordergrund. Dieser kidnappt vorzugsweise kleine Jungen und lässt diese dann in regenreichen Zeiten durch Regenwasser ertrinken. Jüngstes Opfer des Killers ist der Sohn des eben vorgestellten Ethan Mars. Kein Wunder, dass der besorgte Vater alles daran setzen möchte, seinen Sohn zu finden und diesen aus den Fängen des Killers zu retten. Doch spielt ihr nicht nur Ethan. Im Laufe des Spiels schlüpft ihr in diverse weitere Rollen und erspielt euch so immer weitere Facetten der vielschichtigen Geschichte. Da wäre zum einen die Reporterin Madison Paige, die durch Zufall immer wieder den Weg von Ethan kreuzt. FBI-Agent Norman Jayden ist als Profiler dafür zuständig, die hiesige Polizei bei der Suche nach dem Origami-Killer zu unterstützen. Auf eigene Faust schnüffelt schließlich noch Detektiv Scott Shelby bei den Familien der Opfer herum, um dem Killer endlich auf die Schliche zu kommen. Die Erlebnisse der Helden sind dabei nichts für zarte Gemüter. Da wird geliebt, getötet und gefoltert, als gebe es kein Morgen. Kein Wunder also, dass die USK den Titel „Ab 16“ eingestuft hat. Interessant ist abschließend noch ein Satz des Entwicklers David Cage, der die Kernaussage des Spiels so formuliert:

The real message [of the game] is about how far you’re willing to go to save someone you love.

Das Besondere

Ein interaktiver Film – Heavy Rain muss sich diese Bezeichnung gefallen lassen. Trotzdem steckt einiges an Spiel in dem Titel. Genug, um den Ablauf des Spiels deutlich zu prägen. Insgesamt 22 verschiedene Enden soll das Spiel besitzen und eine Vielzahl an Erfolgen, die ein mehrmaliges Durchspielen notwendig machen. Viel interessanter ist es für mich aber, die Geschichte in Heavy Rain ein einziges Mal mit meinen Entscheidungen geprägt zu haben. Ich habe mein Bestes gegeben und das Ende ist jetzt das Ergebnis. In keinem anderen Spiel habe ich mich freiwillig so auf die Auswirkungen meiner Entscheidungen eingelassen. Das Gefühl, etwas noch einmal neu machen zu wollen, war niemals da, auch wenn ich die eine oder andere Entscheidung mit einigen Bauchschmerzen getroffen habe. Gleichzeitig war ich jederzeit gefesselt von der emotionalen Bindung zu den Charakteren. Film reif wird hier Sympathie und Antipathie zu einzelnen Figuren aufgebaut. Gleichzeitig hinterfrage ich mich selber als Spieler. Warum habe ich jetzt direkt reagiert, nur weil ein Symbol meines Gamepads angezeigt wurde. Bin ich als Gamer wirklich so auf das „Reagieren“ getrimmt? Ist es nicht logisch, dass ich als liebender Vater mein Kind beim Spielen gewinnen lasse? Macht es da nicht Sinn, einfach mal nicht zu reagieren und die Finger still zu halten? Bei keinem anderen Spiel kam mir die Option des „einfach mal nichts tun“ als mögliche Alternative in den Sinn. Die Steuerung mit dem Gamepad funktioniert dabei wirklich ordentlich. Besser und runder, als ich es für möglich gehalten hätte. Bereits nach wenigen Minuten hat man die neue Steuerung verinnerlicht, auch wenn die – zum Teil überraschend plötzlichen – Reaktionsabfragen hier und da doch fordern. Was ja ebenfalls durchaus gut ist. Es soll sich ja nicht von selbst spielen. Und nochmal: Der Reiz des Spiels ist es, dass man unvorbereitet vor eine Herausforderung oder Entscheidung gestellt wird und je nachdem, wie man diese löst, lebt man dann mit den Konsequenzen. Es gibt kein Game Over, kein Neustart einer Szene. Es gibt einfach nur eine Geschichte, dessen Verlauf und Ende wir mitbestimmen. Da ist es fast schon nur noch ein positiver Nebeneffekt, dass der Krimi an sich durch eine Menge Spannung und die eine oder andere Überraschung glänzt. Was im Fernsehen unterhält, kann auf der Playstation ja nicht schlecht sein.

Fazit

Schande auf mein Haupt: Wir haben Heavy Rain im Rückblick 2010-Ninjacast nicht erwähnt. Das Spiel ist einer der besten Playstation 3 Titel des letzten Jahres und vielleicht einer der spannendsten Titel überhaupt. Ich bin froh, dass ich das Spiel nachgeholt habe. Aus der Online-Videothek für ein paar Euro ausgeliehen, haben wir den Titel in knapp 12 Stunden durch gespielt. Sarah und ich haben trotz Arbeit und Co die Stunden auf fünf Tage aufgeteilt – unsere Online-Videothek verleiht ihre Spiele immer für 7 Tage – passt also. Jeder, der gerne mal ein etwas anderes Spielerlebnis erfahren möchte, der sollte sich Heavy Rain anschauen. Gleichzeitig ist es ein perfekter Titel, um jemandem ohne Spiele-Erfahrung die Faszination unseres Hobbys näher zu bringen. Ich verneige mich vor den Entwicklern und freue mich auf den nächsten Kracher aus dem Hause Quantic Dream – der zweite Teil von Heavy Rain ist bereits angekündigt, ein Release-Datum gibt es aber noch nicht.

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5 Kommentare

  1. Wird wohl Zeit, dass ich endlich jemanden finde, der mir Heavy Rain ausleiht 🙂

    Ich habe gesehen, dass es Heavy Rain inzwischen auch als „PS3 Move“ Version gibt. Hauptaussage ist dabei wohl, dass man sich noch mehr in die Story reinversetzt fühlt, weil man alle Aktionen per Körperbewegung auslöst.

    Hat jemand die Move Version schon angespielt?

  2. Soweit ich weiß, kann man in der Move-Version unter Option notfalls jederzeit auch zwischen dem normalen Controller und der Move-Steuerung hin und herschalten. Einige Spieler hatten scheinbar nur Probleme, diesen Punkt zu finden, nachdem ein automatisches Update ihr Heavy Rain plötzlich zur Move-Version „verbessert“ hat 😛

  3. Verdammt… Das erinnert mich nun wieder daran, dass ich noch Fahrenheit anfangen muss. Habe den Titel auf der letzten RPC für einen Appel und ein Ei erstanden und noch nicht mal ausgepackt… 🙁

  4. ich habe mir nur für dieses Spiel damals den PS3-Heavy Rain Bundle geholt und ich bereue es kein stück, dieses Game ist jeden einzelnen Cent wert!
    Jeder echte Gamer der was auf sich hält und zusätzlich auch noch ein Filme-Fan ist MUSS dieses Spiel gespielt haben!!!

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