Benny 2019: Brettspiele mit Miniaturen spielen, Kindern Zöpfe flechten und am PC mehr programmieren als Videospiele spielen. Zeiten ändern sich. Veröffentlicht vonBenny Matthiesen

Am 17. Mai veröffentlicht der polnische Spielehersteller CD Projekt RED mit The Wichter 2: Assassins of Kings das zweite Rollenspielabenteuer des Hexers Geralt. Grund genug für Nachwuchshexer Benny den ersten Teil aus dem Jahre 2007 noch einmal herauszukramen und mit Grafik-Update und in zwei offiziellen und – ganz wichtig – kostenlosen Zusatzmodulen auf Monsterjagd zu gehen. Dabei wird wieder einmal klar: Die Umsetzung der Buchvorlage ist das wahrscheinlich stimmigste Rollenspiel der letzten Jahre; krankt aber noch immer an technischen Unzulänglichkeiten.


Dragon Age: Origins ist der König der Rollenspiele?

Pustekuchen! Bereits 2007 bewiesen die kreativen Köpfe des polnischen Entwicklerstudios CD Projekt RED, wie wahre Rollenspielkunst aussehen muss. Als Vorlage der virtuellen Fantasywelt wählten sie die Romanreihe des Erfolgsautors Andrzej Sapkowski – ebenfalls polnischer Abstammung. Seine Erzählungen rund um den weißhaarigen Hexer Geralt von Riva, den Barden Rittersporn und zahlreicher weiblicher „Begleiterinnen“ erreichten bereits vor Jahren östlich der Oder eine Millionenauflage und finden seit geraumer Zeit auch internationalen Anklang. Während englischsprachige Fans derzeit häppchenweise die 5 Romane und 2 Kurzgeschichtensammlungen des Monstertöters verlegt bekommen, erschien am 1. März 2011 der fünfte und letzte Teil der Wiedźmin-Saga in deutscher Sprache.

Fantasy abseits des Herrn der Ringe

Die Sapkowski’sche Fantasywelt unterscheidet sich von gängigen Idealen phantastischer Märchenreich durch ihre ausgesprochene Rohheit. Ohne gänzlich der Dark Fantasy zugeschrieben werden zu können, gibt es in Geralts Welt weder Gut noch Böse: Elfen, Zwerge, Menschen, Halblinge und allerlei andere fremdartigere Wesen wie die schuppigen Wodjanoi – eine Art Fischmensch – stehen im ständigen Kampf ums Überleben. Wessen Zeit dabei abgelaufen ist, liegt freilich im Auge des Betrachters. Die Mittel zum Überleben gleichen sich jedoch fast überall: Nur im Triumpf über den vermeintlichen Widersacher kann das Fortbestehen der eigenen Art gesichert werden.

Gespickt mit allerlei anachronistischen Elementen – ein Markenzeichen Sapkowskis das sich in noch einmal gesteigerter Form in seiner Narrenturm-Trilogie wiederfindet – , brisanten Themen wie Fremdenfeindlichkeit, royalen Machtspielen und der Angst vor übernatürlichen Wesen, die gedankenlos und durch uralte Bosheit gestärkt die Existenz der vernunftbegabten Völker bedrohen, offenbaren die Abenteuer Geralt von Rivas einen ganz eigenen Scham. Stets auf Neutralität bedacht stellt er sich nur denjenigen entgegen, die als wahre Monster gelten: Vampire, Ghule, Mutanten, Wyvern und Striegen. Als Bestienbeseitiger zieht er durch die Lande und profitiert auf der Jagd von seinen übermenschlichen Kräften, die ihm während der Hexerprüfung durch das Verabreichen geheimer Mutagene verliehen wurden. Segen und Fluch zugleich stellt diese abnormale Verwandlung dar.

Doch genug zur Vorlage; wir wollen spielen!

BioWare lieferte das mangelhafte Grundgerüst

Damit Ihr als Geralt von Riva endlich selbst die Geschicke des Hexers in die Hand nehmen konntet, lizensierten die polnischen Entwickler BioWares Aurora-Engine. Diese kam bereits in Rollenspielklassikern wie Neverwinter Nights zum Einsatz und erlaubt es, riesige Welten mit allerlei Details zu erstellen. Doch einen Haken hat diese Sache: The Witcher stört aufgrund der eingekauften Technologie noch heute den Spielfluss durch ständiges Nachladen. Wie schon in besagtem Neverwinter besteht die Spielwelt aus unzähligen kleinen Abschnitten: Jedes Haus, jede Höhle und einzelne Abschnitte der Außenareale werden durch Landebildschirme miteinander verbunden. Hat man sich erst einmal an diesen Umstand gewöhnt, offenbart sich ein Rollenspielabenteuer, dessen Komplexität noch nicht einmal vom gefeierten Dragon Age: Origins erreicht wird.

Kampf ums Überleben

Als Hexer seid Ihr Meister im Umgang mit dem Stahl- oder Silberschwert. Über jeweils drei verschiedene Kampfstile steigert Ihr Eure Effektivität mit den tödlichen Schneiden in zahlreichen Auseinandersetzungen. Eine Spezialisierung auf fünf verschiedene Magie-Formen ist ebenfalls möglich. Hexer wären schließlich keine Hexer, wenn sie nicht Macht über die Elemente besäßen. Gänzlich auf den Schwertkampf könnt Ihr jedoch nicht verzichten.

Darüber hinaus steigert Ihr Geralts Können über zahlreiche Tränke, die Ihr aus selbst gepflückten Kräutern oder aus den Eingeweiden Eurer ungeheuerlichen Opfer sammelt. Welche Wirkung ein frisch gebrauter Trank dabei entfaltet, lässt sich nur durch das Studium alter Bücher oder einer gewissen „Experimentierfreudigkeit“ herausfinden.

Lohnender Sexismus: Frauen als „Lootkarten“

Auch das PC-Spiel The Witcher spart wie die Vorlage nicht mit anzüglichen Bemerkungen und sexuellen Abenteuern. Auch wenn Geralts Herz nur einer Frau gehört, könnt Ihr den Reizen der holden Weiber nicht widerstehen. Ob Ihr letztendlich alle Artworks der „Lootkarten“ zu Gesicht bekommt, hängt wie so oft in The Witcher von Euren Entscheidungen ab. Während Ihr tumbe Bauernmägde mit ein paar schmeichelnden Worten um den Finger wickelt, bedarf es bei der gestandenen Schankmaid schon eines gehörigen Schluckes Hochprozentigen. Und selbst Vampir-Damen können Euren Charme nicht widerstehen. Ob sie dieses amouröse Abenteuer unbeschadet überstehen werden, liegt dabei abermals bei Euch.

Entscheidungen mit schwerwiegenden Konsequenzen

Während Euch BioWares Erfolgsserien Mass Effect und Dragon Age mit einer angeblich noch nie dagewesenen Entscheidungsfreiheit verzücken, meisterte The Wichter bereits 2007 dieses Prinzip. Jeder noch so unwichtig erscheinende Dialog trägt zum Gesamtbild der sich entfaltenden Geschichte bei. Während Ihr Euch mit Stahl- oder Silberschwert durch Gegnerhorden kämpft und dabei früher oder später auf das Klick-basierende Kampfsystem fluchen werdet, nehmt Ihr vor allem in den Gesprächen mit den Bewohnern der umkämpften Stadt Wyzima wirklichen Einfluss auf den Verlauf Eures Abenteuers.

Im Gegensatz zu BioWare-RPGs bekommt Ihr dabei keine „gute Antwort“, „böse Antwort“ oder „witzige Antwort“ vorgegeben, sondern müsst stets anhand der Gespräche mit NSCs und Informationen aus Büchern, die Ihr in der Spielwelt findet, abwägen, wie Ihr mit bestimmten Situationen umzugehen habt. In The Witcher gibt es kein Gut und Böse und somit hat Euer Handeln oftmals unvorhergesehene Konsequenzen. Helft Ihr einem Elfen im Kampf gegen marodierende Banditen oder überlasst Ihr den armen Tropf seinem Schicksal? Guthexer werden sich Stunden später in den Hintern beißen, sollten sie dem Spitzohr zur Seite gestanden haben.

Dabei erfahrt Ihr in gezeichneten Rückblenden oftmals viele Stunden nachdem Ihr einige Entscheidungen getroffen habt, welche Auswirkungen diese auf den Verlauf der Geschichte hatten. Ihren Höhepunkt nimmt die Interaktivität im letzten Kapitel des Spiels, dessen Verlauf vollständig davon abhängig ist, welche Position im Kampf um Wyzima Ihr über die gesamten restlichen Kapitel eingenommen habt. So viel Tiefgang erreicht noch nicht einmal Dragon Age: Origins.



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11 Kommentare

  1. The Witcher hatte mich damals auch absolut begeistert, da abseits der mitunter wirklich massiven Ladezeiten so ziemlich alles gestimmt hatte. Interessante und auch unverbrauchte Spielwelt, cooler Protagonist, dunkle, stimmige Atmosphäre, spannende Story mit wirklich spürbaren Konsequenzen etc..

    Und grade weil mir das Spiel so gut gefallen hat, hatte ich mich furchtbar über den damaligen Gamestartest geärgert, der vor Fehlinformationen nur so strotzte. Besonders in Erinnerung ist mir noch geblieben das eine vermeintlich unlösbare Quest als Beispiel für den angeblich desolaten Zustand des Spiels herangezogen wurde, aus deren Beschreibung dann aber ganz schnell offensichtlich wurde das der Tester einfach zu blöd für die Lösung war. Naja, daraufhin hatte ich jedenfalls mein langjähriges Abo der Zeitschrift gekündigt. Zwar nicht alleine deswegen (Gothic 3-Beweihräucherung irgendjemand?), aber mit dem „Test“ hatten sie den Vogel dann endgültig abgeschossen.

    Ansonsten freue ich mich natürlich auch dementsprechend auf Teil 2, freue mich aber mindestens genauso Teil 1 vorher nochmal durchzuspielen, um einerseits die Story im Detail nochmal aufzufrischen und um mir andererseits nen entsprechendes Savegame zum Import zu erspielen, da ich den Nachfolger dann schon gerne wieder mit meinem damaligen neutralen Ende und den Entscheidungen wer lebt und wer gestorben weiterspielen möchte.

    P.S.: Bei game.co.uk gibts die Premiumversion für ~32,60 € (inkl. Versand) und noch nem zusätzlichen Vorbestelleritem (nen Händler-NPC der einem zusätzliches Zeug verkauft) und bei play.com ist es sogar für 31,49 € zu haben (verschicken afaik auch ohne Versandkosten nach D,CH,AT) und dort gibts für Vorbesteller ne spezielle Rüstung mit Boni auf Magie.

  2. Oh! Super, dass ihr gerade jetzt diesen Artikel bring!
    Danke Benny, sieht toll aus. Werd ich noch genauer studieren.
    Ich hab Witcher nämlich die Woche von ner Freundin auf Steam geschenkt gekriegt. \O/
    Jetzt freu ich mich um so mehr darauf, das endlich mal zu spielen.
    *freu*

    ^_^ Arji

  3. Tolles Rollenspiel – wer das Game noch nicht kennt: Kaufen und zocken, bevor der zweite Teil kommt!

  4. „[…] bereits vor Jahren östlicher der Oder […]“ östlich, östlicher, am östlichsten? 😀

    Jaja unser Benny wie er leibt und schreibt. 😛

    Schon gut, dann wird sich der gute Vela sich The Witcher mal bei Steam holen.

    1. Danke Lars mit C&B hats gefunzelt. Ma schauen ob The Witcher wirklich so knorke ist wie viele meinen. 😉

  5. Ein kleiner Nachtrag für Alle die ähnliche Probleme mit Steam und Paypal ELV hatten.
    Mein PP-Girokonto ist seit jeher verifiziert, darin lag also nicht das Problem. Nur, seitdem ich einmal bei Steam über Click&Buy per ELV bezahlt habe, geht es seltsamerweise DANACH nun doch mit PayPal, (z.B. Dark Messiah of Might and Magic das ich mir letzte Woche gegönnt habe 🙂 ) sehr sehr seltsam.

    The Witcher war ein gut unterhaltendes, enorm atmosphärisches RPG wobei mir die Frauengeschichte nach einer Weile tierisch auf den Senkel gingen („Tüüütüü, ein Tulpe <3. Jetzt hauen wir uns doch gleich ma gemeinsam ins Heu!")
    Das Kampfsystem war auch nicht gerade so pralle, "Wo ist das Flammenschwertchen? Daa ist es!"
    Nichtsdestotrotz war es ein tolles Spiel, besonders seine Charaktere (z.B. Der Professor) haben es mir angetan.
    Für meinen ersten Durchlauf habe ich laut Steam satte 67 Stunden gebraucht und wurde gut unterhalten.
    Es ist die 15 Kröten, die es momentan auf Steam kostet, auf jedenfall Wert.

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