Veröffentlicht vonKarsten

Homefront

Auf den letzten Titel des Artikels habe ich mich ganz besonders gefreut. Homefront liefert eine wahnsinnig spannende Rahmenhandlung, in der ein vereinigtes Korea unerwartet in ein, von der Wirtschaftskrise und einer Grippe-Epidemie stark gebeuteltes Nordamerika der nahen Zukunft einmarschiert und dort eine Schreckensherrschaft startet. Wir wünschen uns natürlich in keinster Weise dieses Szenario für die reale Welt, doch liegt gerade in der Präsentation dieser Situation die große Stärke von Homefront. Ähnlich wie in Half Life 2 bekommen wir zu Beginn des Spiels die Möglichkeit, die neuen Führer des Landes näher kennenzulernen. Wir werden aus unserer Wohnung herausgeprügelt und in einen Bus gesetzt. Auf den Bürgersteigen sehen wir, wie Leute zusammengeschlagen und hingerichtet werden. Der erste richtige Klos findet den Weg in unseren Hals als wir beobachten, wie ein Ehepaar an einer Mauer exekutiert wird, während ihr kleines Kind hinter den Schützen steht und hemmungslos weint. Kaum sinken die Eltern tot zusammen, wenden sich die Soldaten gleichgültig ab und lassen das Kind mit den Leichen alleine am Ort des Geschehens zurück. Diese krasse Szene ist nur ein Beispiel mit welchen Mitteln die Entwickler uns klarmachen wollen: Die Besatzer sind fiese Schweine und Ihr müsst sie auf jeden Fall aus Eurem Land werfen oder bei dem Versuch sterben.

So toll die Rahmenbedingungen auch gesteckt sind – die eigentliche Story ist im Laufe der Missionen zuweilen unlogisch und schlecht erzählt. Wir erfahren erst sehr spät im Spiel, dass wir eigentlich nur gerettet wurden, um einen Hubschrauber in einer wahnsinnig wichtigen Mission zu fliegen. Warum das ein Geheimnis war und wieso unser Held trotzdem wie ein treuer Hund hinter den Freiheitskämpfern herdackelt, dass bleibt unbeantwortet. Genauso wie die Frage, warum man die Laster mit den Treibstofftanks unbedingt mit einem Hubschrauber kapern muss. Gut, dass der Hubschrauber aus hartem Gummi zu sein scheint, aber dazu später mehr. Zuerst noch ein Blick aufs Ende: Nach vier bis fünf Stunden seid Ihr mit der Kampagne durch. Und trefft auf ein Ende der Kategorie „Unbefriedigend“. Dazu ist der Wiederspielwert für Solisten gleich Null. Ein bisschen wenig für einen Vollpreis-Titel. Leider nicht das einzige Manko des Spiels.

Über den Klos im Hals haben wir bereits gesprochen.  Immer wieder schafft Homefront diese packenden Momente, in denen wir ganz besonders mitfühlen und mitfiebern. Selten wurde dem Spieler im Action-Genre so emotional der Grund für die ganze Ballerei vermittelt. Und immer wieder verleidet einem das Spiel diese Momente durch die verschiedenen Macken. So findet sich ein großer Nerv-Faktor in den Begleitern Eures Helden. Ihr seid selten alleine unterwegs und wenn Ihr im Trupp kämpft, stören Euch die Kämpfer mehr als das sie helfen. So kam es im Spiel diverse Male vor, dass ich mich hinter einer Kiste oder Wand versteckte, kurz meine Deckung verließ, um Feinde aufs Korn zu nehmen, nur um dann nicht mehr den Schritt hinter die sichere Abschirmung nehmen zu können, weil dort plötzlich Kamerad „Sorgenfrei“ steht. So bin ich innerhalb der Kampagne gefühlte 20 Tode gestorben, weil ich einfach nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit kam, weil mich einer der Kollegen blockierte. Und ein kleiner Tipp am Rande: Macht immer das Gegenteil von dem, was Eure KI-Kollegen vorschlagen. Nur so bleibt Ihr sicher am Leben. Ein Beispiel? Ein „Renn zu der Anlage und spreng sie in die Luft, ich gebe dir Feuerschutz.“ heißt übersetzt in Homefront: „Baller erst einmal selber sämtliche Gegner weg und spreng dann in aller Ruhe die Anlage in die Luft.“ Nimmt man die Befehle der Kameraden zu wörtlich, stirbt man meistens einen heldenhaften Tod im Kugelhagel der Feinde.

Mindestens genauso schlimm ist die Skript-Abhängigkeit von Homefront. Jede Bewegung der Figuren ist durch Ereignisse vordefiniert. Da dauert es hier und da schon mal ´ne halbe Minute, bis wir durch eine Tür gehen, weil einer der drei Begleiter irgendwo hängen geblieben ist und dadurch nicht direkt nachkommt. Es ist auch oft vorbestimmt, in welcher Reihenfolge man zum Beispiel eine Leiter hochsteigt. Steht man bereits an der Leiter, dann blockiert man selber den Typen, der da zuerst hoch sollte. Erst wenn alles in der richtigen Reihenfolge abläuft, bekommen wir endlich das Quadrat angezeigt, wodurch wir uns auch auf den Aufstieg machen können. Steuern könnt Ihr die Begleiter übrigens nicht. Die stehen meist im Feindfeuer, sind aber zum Glück unsterblich. Da ist es fast schon ein bisschen frustrierend, wenn man selber nach drei schnellen Treffern in zwei Sekunden zu Boden geht, ohne dass man den Feind überhaupt gesehen hat. Ab und an dürft Ihr zumindest einem Goliath-Panzer Befehle erteilen, indem Ihr die Ziele für seine Raketen definiert. Auch hier ist das Handling nicht optimal gelöst. Der Panzer reagiert ähnlich dumm, wie die Kollegen und die Ziel-Auswahl ist schon recht zäh. Ein richtig schlimmer Atmosphäre-Killer ist übrigens die deutsche Lokalisierung. Ein „Hell yeah“ wird immer wieder mit „Hölle, ja!“ übersetzt und Entfernungen zu den Gesprächspartnern spielen für die Lautstärke der Stimmen keine relevante Bedeutung. Dazu kommen noch Clipping-Fehler und mangelhafte Level-Design-Entscheidungen (Türen! Ich hasse Türen!), sodass die ergreifenden Szenen viel zu schnell wieder aus dem Unterbewusstsein des Spielers verschwinden.

Doch wie spielt sich Homefront neben den bisher genannten Punkten? Der Action-Titel ist ein erstaunlich durchschnittlicher Call of Duty-Klon. Ihr schlagt Massen an Gegnern zurück und dürft erst weiter, wenn Ihr ausreichend erledigt habt. Das ganze wird aufgelockert durch die Goliath-Passagen, durch Sniper- und Schleich-Einlagen und selbst einen Hubschrauber und das MG eines Humvees dürft Ihr steuern. Von der Hubschrauber-Mission einmal abgesehen also Standard-Kost – die von jedem Call of Duty-Teil in der Vergangenheit besser gelöst wurde. Ein Beispiel? In der Schleich-Mission von Homefront stapft Ihr am helllichten Tag ohne Tarnung durch eine ländliche Gegend voller feindlicher Miliz-Soldaten. Dabei ist es komplett Hupe ob Ihr kriecht oder rennt. Ab und an snipert Ihr eine Wache weg oder erledigt einen Feind im Nahkampf. Thats it. Und jetzt erinnern wir uns an die grandios inszenierte Scharfschützenmission in Call of Duty-Modern Warfare, in der wir uns kriechernderweise im Tarnanzug durch ganze Gegner-Horden durchschleichen. Zwischen diesen beiden Missionen liegen Welten! Und selbst der Flug mit dem Hubschrauber macht zwar durchaus Spaß, doch ist es normal, dass man mit einem Fluggerät dieser Art volle Möhre auf dem Boden aufschlagen, gegen einen Tunnel heizen, in einen Laster rein donnern darf, ohne dass der Hubschrauber in einer Explosion zu Grunde geht?

Was gibt es ansonsten noch zu Homefront zu sagen. Die Grafik ist auf der Playstation 3 leider ebenfalls nur durchschnittlich. Alle drei vorher genannten Titel sehen besser aus. Homefront liefert dafür den wohl besten Multiplayer der vier Spiele – zumindest wenn man den Tests der diversen Magazine und Onlineseiten glaubt. Neben einem Bad Company 2 und Modern Warfare 2 sieht aber auch der Multiplayer scheinbar wie Durchschnittsware aus. Mich zumindest hat nur die Kampagne interessiert.

Fazit: Ich hab mich wahnsinnig auf den Titel gefreut und war auch besonders in den ersten Spielminuten von der Inszenierung des Spiels sehr beeindruckt. Leider stoßen mit zunehmender Dauer immer mehr Nerv-Faktoren in den Vordergrund, sodass ich mich durch die sehr kurze Spielzeit von etwa fünf Stunden richtig durchquälen musste. Das Spiel hätte aufgrund der Rahmenhandlung so gut sein können – dass deutet Homefront immer wieder an – doch nehm ich dem Spiel dafür die vielen negativen Punkte umso übler. Für Homefront kann ich keine Kauf-Empfehlung geben.

Trailer:

Schlusswort: Trotz der Gurke am Ende war der Start ins Spiele-Jahr 2011 für Action-Fans doch mehr als bombastisch. Und einige heiße Titel kommen ja noch in Kürze. Ich denke da nur an Brink, Crysis 2 und Duke Nukem Forever. Auf drei weitere actiongeladene Spiele-Quartale!

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15 Kommentare

    1. In zwei Wochen ist Deadline für vier Artikel – sprich: ich werde die nächste Zeit ein wenig von den Action-Titeln ablassen und nur die Spiele anfassen, die für die Arbeit notwendig sind (WoW und Mafia2). An ein paar Runden NBA2K11 und hier und da ein Stündchen Dragen Age 2 werd ich aber wohl nicht vorbei kommen 🙂

  1. Mein PC-Version von Homefront ist dank der Panne bei der „Voice of Freedom“-Edition noch nicht da, allerdings denke ich, dass der Titel dennoch ganz nett werden dürfte – im Mehrspielermodus. Hier dürfte wohl das selbe Problem wie beim Quasi-Vorgänger der KAOS-Studios („Frontlines: Fuel of War“) bestehen: Nette Alibi-Kampagne und im Mehrspielermodus wird dann sie Sau rausgelassen.

    Schade allerdings, dass die Kampagne im Vorfeld als „beeindruckend inszeniert“ beschrieben wurde und letztlich dann anscheinend doch an der kurzen Spieldauer, platten Charakteren und nervigen Designelementen krankt. Man bräuchte halt optimalerweise eine „Bulletfront“ – oder doch lieber einen „Homestorm“? 😉

    Ich bin jedenfalls trotzdem sehr darauf gespannt, da mich hier besonders der Mehrspielermodus reizt, der hoffentlich zumindest überdurchschnittlich ausfallen wird. Ansonsten bleibt ja immer die Rückkehr zum guten alten „Battlefield: Bad Company 2“. Sollte das auch nicht reichen, dürfte spätestens „BRINK“ die Sache wieder gerade biegen… Hoffentlich! 🙂

    1. Brink sieht zumindest um längen cooler aus und kann mich nicht aufgrund zu hoher Kampagnen-Erwartungen nerven 🙂

  2. Jaaaa….Bulletstorm. Lieb ich ja total, wie du weißt 🙂
    Du hast Killzone 3 ?! Dann können wir vielleicht irgendwann eine kleine Koop Runde einlegen. Vorausgesetzt ich beende bald mal Dragon Age II. Dead Space 2 fiebere ich auch entgegen, aber erstmal muss ich durch den ersten Teil durch.
    Nächste Woche trudelt schon Crysis 2 ein. Ich freu mich ja so.
    Homefront berührt mich überhaupt nicht. Mit BFBC2 und CoD Titeln bin ich da schon bestens bedient.

    1. Ich „hatte“ Killzone 3 🙂 Bei „nur“ 8-Stunden (oder weniger) Solo-Spaß vermeide ich den Vollpreis-Kauf so gut es eben geht. Ansonsten hätten mich ja alleine die vier Titel 200 bis 240 Euro gekostet. Für gerade mal 30 Stunden Spielspaß (vier Stunden davon dank Homefront auch gerne mal Spielfrust) doch ein wenig happig.

      Daher ist http://www.verleihshop.de/ in solchen Fällen mein bester Freund „grins“

  3. Ich und mein Kollege machen ab und zu ein Koop-Game Wochenende. Killzone mit der Super Grafik und den verschieden Waffen machte zimlich Spass. Er hat es sich 1 Tag nach Release im Shop gekauft. Wir hätten es locker durch geschafft am Abend in 6-8 Stunden naja aber wir mussten natürlich BvB gegen Bayern schauen :D. Mein Fazit der Kollege freut sich auf den Multiplayer und das Spiel Koop macht 6 Stunden echt gute Laune auch wen die Story nicht so atemberaubend ist wie Grafik,Level Design,Waffen ich fand es ein echt gutes Spiel!

  4. Ach wen interessieren denn Bulletstorm und Killzone.

    HOMEFRONT, ich hab noch nie so einen derart atmosphärischen Shooter (mit gescheiter Story) seit Half-Life 1 gespielt!
    Man merkt deutlich, das am Drehbuch ein RICHTIGER Autor gewerkelt hat.
    Das Einzige was mich an Homefront stört ist, das es ab und an zu sehr Call of Duty Schießbuden-Züge annimmt und so Sachen wie „Oh mein Gott, das Geschütz da, zerstören Sie es, während wir hier dumm rumstehen und zuschauen!“, aber sonst super!

    1. Gestern noch fix die Kampagne von „Homefront“ durchgespielt (auf Guerilla). Leider muss ich aber sagen, dass ich Deiner Meinung gar nicht zustimmen kann. 🙂 Am Anfang baut das Spiel zwar noch eine nette Atmosphäre auf, leider wird diese aufgrund der platten Charaktere nicht beibehalten. Alleine schon der stumme Hauptcharakter, der keinerlei Handlungen hinterfragt und einfach so „ins Geschehen geworfen“ wird, stört mich nach einem charismatischen Kerl wie „Grayson Hunt“ „(Bulletstorm“) extrem.

      Auch sonst war ich eher enttäuscht. Sogar die Solomissionen des Quasi-Vorgängers „Frontlines: Fuel of War“ haben mir deutlich mehr Spaß gemacht – oder auch die Missionen von „Section 8“. Wobei hier sogar noch erwähnen muss, dass beide genannten Titel die Kampagne eigentlich nur aus Alibi-Gründen mit an Bord hatten, da sie als Mehrspielertitel konzipiert wurden.

      Darum liegt die Enttäuschung wohl noch etwas tiefer. An eine Inszenierung wie sie „Bulletstorm“ gebracht hat, kommt der Titel jedenfalls nicht ran – auch nicht über die emotionale Ebene. Dafür krankt „Homefront“ einfach an zu vielen Bereichen.

      Ich hoffe ja wirklich. dass der Mehrspielermodus da noch etwas rausreißen kann. Diesem werde ich mich der nächsten Zeit ausgiebig widmen, so fern er zu überzeugen weiß.

    2. Na da sind wir zwei ja einer Meinung, Lars 🙂 Kann – wie man im Artikel ja lesen kann – nicht verstehen, wie man aufgrund der genannten Mankos, richtig viel Spaß mit der Kampagne haben kann. Aber Geschmäcker sind ja verschieden und wenns dem einen oder anderen doch richtig gut gefällt, dann ist es ja umso besser – mag ja nicht, dass jemand von nem Vollpreis-Spiel enttäuscht ist 🙂

      Es hätte so gut sein können „grml“

    3. Nja, auf der einen Seite Homefront Kampagne wegen mangelnder Atmosphäre und platten Charaktere kritisieren auf der anderen Seite Dragon Age 2 spielen, ich versteh euch beide nichtso ganz :/

    4. Meine Affinität zu Homefront könnte aber auch daran liegen, dass ich Shooter eher bodenstädig mag (bis auf Half-Life 1 😉 )
      und auf Aliencrap wie Crysis oder Duke Nukem mir total am A….. vorbei geht. 😉

    5. Da bin ich leider noch nicht sehr weit. 🙁 Das wird aber die nächste Zeit noch weiter angegangen. 😀 Somit bilde ich mir da noch kein finales Urteil. Bisher spielt es sich aber ähnlich wie Teil 1 und die Charaktere sind – so weit ich das bei meinem Spielfortschritt sagen kann – auch recht ok.

      Dass jedoch die Demoversion unter alle Kanone war, darüber brauchen wir uns glaube ich nicht zu streiten. 😉

    6. Also die Charaktere in Dragon Age 2 sind um welten tiefer gezeichnet als die Typen in Homefront^^ Da gibt es andere Punkte, die man bei DA2 eher kritisieren muss (Schlauchlevel z.b.) Und Homefront hab ich im Gegensatz zu DA 2 schon durch – auch wenn ich in DA 2 das dreifache an Zeit investiert hab bisher.

      Und wie in meinem Artikel gesagt….ich kritisiere ja gar nicht die Atmosphäre von Homefront….ganz im Gegenteil – der Punkt ist der einzige, den ich bei Homefront wirklich positiv hervorheben kann. Aber was bringt es mir, wenn ich geschockt bin, weil ich mich in einem Massengrab verstecken muss, wenn 20 Sekunden später der nächste Nerv-Faktor um die Ecke kommt und die vorher aufgebaute Atmosphäre direkt wieder zerstört wird. Ich musste mich durch die Kampagne echt durch ackern und von den hier vier genannten Titeln war sie mit großem Abstand die Schlechteste.

    7. Hmm, weswegen mich die „Nerv Faktoren“ möglicherweise nicht stören liegt wohl daran das ich in den letzten Jahren sehr viele Geheimtipps gespielt hab, die großartig sind, aber viele Anfängerfehler enthalten sind (Divinity2 samt Addon um nur ein Beispiel zu nennen).

      Freut mich aber zu lesen das ihr zwei ehrlich seid, und damit die Große Tugend „Einfach Ehrlich“ von Ninjalooter vertretet.

      Schöne Grüße 🙂

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