Es kommt ein neues Videospiel auf den Markt. Der Online-Versandhandel oder CD-Key-Store bringt es mir binnen Stunden beziehungsweise wenigen Sekunden. <\/strong>Es ist nur eine Frage des Geldes und man bekommt einfach alles frei Haus geliefert.<\/p>\nEs gibt f\u00fcr mich einfach nichts mehr, was ich nicht sofort besitzen k\u00f6nnte. Und genau deswegen habe ich schon alles gesehen. Brutale Action? Alt! Strategische Gefechte? Seit Jahren bin ich Meister auf dem Schlachtfeld. Echte Gef\u00fchle? Cutscenes kann man \u00fcberspringen. Epische Taten? T\u00e4glich, ach was schreib ich da: Dank Dungeon-Finder viertelst\u00fcndlich!<\/p>\n
Eine Open World kann mir keine Freudentr\u00e4nen mehr in die Augen treiben, da ich seit Jahren durch unz\u00e4hlige Open Worlds gefahren, gerannt, gebrandschatzt, geflohen, geflogen und geschlichen bin.<\/strong> Auch ein neuer GTA-Teil ist nur eine Fortsetzung des klassischen Prinzips. Nicht mehr aus der Vogelperspektive, aber daf\u00fcr mindestens genauso redundant. Die Geschichte mag neu gewesen sein, aber dennoch kommt sie einem mit jeder weiteren Wendung bekannter vor. „Irgendwie gab es das schon einmal in einem Film.“<\/p>\nFr\u00fcher war alles besser?!<\/h1>\n
Als ich nicht mehr stundenlang f\u00fcr eine Banane anstehen musste, durfte ich mehrere Monate mein knappes Taschengeld sparen, um mir endlich ein neues Videospiel zu kaufen. Die Siedler 2 begeisterte mich \u00fcber Monate. Die Erweiterung brachte einen Editor, in dem ich ganz Deutschland nachbaute und besiedelte.<\/p>\n
Auf dem Dachboden meiner Eltern liegen noch heute stapelweise Skizzen und weit verzweigte Missionsb\u00e4ume zu meiner eigenen StarCraft-Kampagne, inklusive unterschiedlicher Enden. Dabei war das bereits der Nachfolger zu einem StarCraft-Textadventure, das ich \u00fcber Wochen unter QBasic programmiert hatte.<\/p>\n
Die Spiele besch\u00e4ftigten und begeisterten mich \u00fcber einen langen Zeitraum. Nicht weil sie besser als alles bisher Gesehene waren, sondern weil ich mir in diesem Zeitraum schlicht kein anderes Spiel leisten konnte.<\/strong> Ich war sozusagen gezwungen in diesen wenigen Spielwelten zu leben, da ich, immer dann, wenn ein neues Spiel auf den Markt kam, notgedrungen zu Freunden und Bekannten gehen musste. Verdammt, es gibt „Feunde“ aus der damaligen Zeit, die nur wegen der Spiele „Freunde“ waren. Heute w\u00fcrde man wohl „Kollegen“ sagen…<\/p>\nReale Interaktion aus Mangel geboren<\/h1>\n
Nach der Schule gingen wir zusammen in kleinen Gruppen zu einem Freund nach Hause, da nur er ein Bundesliga Manager Professional besa\u00df. (Ich blende an dieser Stelle die in unseren Kreisen verp\u00f6nten Raubkopien gekonnt aus. \ud83d\ude09 ) Wir trafen uns zu stundenlangen Hanse-Spielrunden und bauten gemeinsam Themenparks oder unterirdische Behausungen als Dungeon Keeper.<\/p>\n
Heute skypen wir ab und an mal eine Runde und verabreden uns f\u00fcr sp\u00e4ter zum BF2-Spielen oder einer Funmap in Warcraft 3.<\/strong> Jeder sitzt bei sich zu Hause und startet sein Spiel. Eine bezahlte Kopie hat nat\u00fcrlich jeder. Kostet doch nichts.<\/p>\nAuch wenn wir gemeinsam etwas erleben, sind wir doch alle f\u00fcr uns allein in unseren eigenen vier W\u00e4nden. Was bei Freunden und Bekannten in fernen St\u00e4dten noch eine unglaubliche Errungenschaft moderner Videospiele und Vernetzung ist, wirkt im Freundeskreis zunehmend befremdlich.<\/p>\n
Neue alte Probleme betreten die B\u00fchne<\/h1>\n
Noch wesentlich unbegreiflicher ist es jedoch, dass es Tage gibt, an denen wir trotz all dieser Verf\u00fcgbarkeit und Unterhaltung um uns herum nicht wissen, was wir gemeinsam spielen sollen. Schon wieder in den virtuellen Krieg ziehen oder Monstern in deren H\u00f6hlen die Beute abjagen? Alt!<\/p>\n
Meine G\u00fcte, selbst der Mehrspieleraspekt ist \u00fcberreizt. Alles wird zum MMO erweitert reduziert (kein Schreibfehler!). Innovationen beschr\u00e4nken sich auf: „Vernetzt Euch mit Euren Freunden und spielt das selbe Spiel wie vor 3 Jahren. Jetzt neu: mit Monatsgeb\u00fchren!“<\/strong> Und wirkliche Neuheiten liegen wie Blei in den Regalen, da der Massenmarkt die Attit\u00fcde alter Bauern \u00fcbernommen hat.<\/p>\nIst das alles wirklich so schlimm?<\/h1>\n
Nein, auf keinen Fall. Ich habe mich damit abgefunden, dass es nicht mehr darum geht, \u00fcber Stunden, Tage und Wochen von einem Spiel gefesselt zu werden. Schnelllebig ist das neue addictive.<\/strong> Anstatt Wochenlang durch die aufw\u00e4ndig programmierten Clubs eines GTA4 zu ziehen, ziehen ich die elf Stunden eines Mafia 2 vor. Anstatt stundenlange Vorbereitungen f\u00fcr den w\u00f6chentlichen Schlachtzug zu treffen, ziehe ich allein in ein Scharm\u00fctzel, begleitet von meinem treuen NSC-Begleiter. Nach sp\u00e4testens 30 Minuten ist der Spa\u00df vorbei und ich widme mich einem neuen, innovationslosen RPG, das zumindest in Ans\u00e4tzen die Fassade einer spannenden Geschichte aufrecht erhalten kann. Und genau deswegen schreibe ich noch immer gern \u00fcber Videospiele – trotz all der Ver\u00e4nderungen beziehungsweise Nicht-Ver\u00e4nderungen.<\/p>\nEinen Vorteil hat das Ganze: Kennst du eins, kennst du alle. Der Markt mag mit immer mehr, immer aufw\u00e4ndigeren Titeln \u00fcberflutet werden, aber im Kern sind sie doch alle gleich.<\/p>\n
Ich werde wohl nie wieder mit Freudentr\u00e4nen in den Augen vor einem Bibliotheksregal stehen k\u00f6nnen, wenn nach Monaten des Wartens mein hei\u00df ersehntes Buch\/CD\/DVD\/Film\/Spiel endlich einmal nicht ausgeliehen ist. Aber ich werde mich an den Gesichtern meiner unbedarften Freunde und Familienmitgliedern erfreuen, solange diese glauben, ich k\u00f6nnte zaubern, wenn ich ihnen eine so einfache Freude mache. Ich f\u00fchle mich im Augenblick ein bisschen wie Gandalf.<\/strong><\/p>\nUnd danke!
\nBenny<\/p>\n
p.s. Haha, ich habe dir gerade Zeit gestohlen.
\nIch bin einer der grauen Herren aus Michael Endes Momo. ;p<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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