Die Epic-Bombe zu Word of Warcraft Cataclysm ist geplatzt: Im offiziellen Forum verspricht Blizzards Ancilorn, dass man den Spielern das „epische Gefühl für epische Gegenstände“ wiederbringen möchte. Damit wird Blau also abermals zum neuen Lila – alteingesessene Hasen werden sich schließlich noch an Zeiten erinnern können, als eine solide rare Ausrüstung für Begeisterungsstürme sorgen konnte. Lasst uns gemeinsam der Mär von Seltenheit und Gegenstandsfarbe auf den Grund gehen und die Ausrüstung im Wandel der Zeit betrachten.

Es steht uns also eine kataklysmische Klassik bevor.

Die Rückbesinnung auf alte Werte und Tugenden längst vergangener Tage soll das aufklärerische Konzept der Epics-für-alle-Periode aus Wrath of the Lick King ablösen. Farben werden wieder der Definition eines Ausrüstungsstils dienen; schwierigerer Content wird mit andersfarbigen Gegenständen entlohnt und zeigt fernab von kleinlichen Zahlenspielereien endlich wieder eine Qualität.
[tab:Deutsche Übersetzung; style=blizz]
Nun, hoffentlich wird dies als eine gute Nachricht aufgefasst. Wir arbeiten derzeit daran, das epische Gefühl der epischen Gegenstände in Cataclysm zurückzubringen. Epische Beute sollte episch sein und etwas, worauf man stolz sein kann. Unser Plan sieht vor, dass man in heroischen Instanzen blaue Ausrüstung erhält und in Schlachtzügen epische Gegenstände findet.
Dies ist ein weiterer Beweis, dass Todesschwinge nicht nur schlecht Dinge bewirkt. =)

[tab:Zum Originalpost im US-Forum]
Well, hopefully this comes as good news. We’re actually working on restoring the epic feeling to epic items in Cataclysm. Epic loot should be epic, and something to be very proud of. Our plan is to try and get the Heroic -> Blue Gear and Raid -> Purple Gear balance back.
This is further proof that not everything Deathwing does is entirely a bad thing. =)
Quelle: Offizielles WoW-Forum

[tab:END]

In unserer kleinen Item-Zeitreise begeben wir uns als erstes in die wow’sche Antike, als man noch durch die Ursprungsgebiete Azeroths streifte und auf dem Weg zur Maximalstufe 60 in herrlich grünen Gewändern posierte. Dabei dienten die Farben nicht nur der Vergrößerung eines ganz realen Geschlechtsorgans, sondern sagten etwas über die Attributs-Qualität der Gegenstände aus:

• Grau: Plunder, ohne Wert und Attribute.
• Weiß: Oha, das ist noch immer attributslos.
• Grün: Die Ausrüstung verfügt über ein paar wenige Standardattribute.
• Blau: Mehr verschiedene Standardattribute befinden sich auf den Gegenständen.
• Lila: Besondere Werte wie Angriffskraft, magischer Schaden/Heilung oder kritische Trefferwertung und Proccs befinden sich auf der Ausrüstung.
• Orange: Bäm, Legendary! Besondere Waffen-Proccs gesellen sich hinzu.
• Rot: Was? Artefakte sind sooo 2005!

Ich sehe ratlose Gesichter und Kopfschütteln bei diversen Lesern, die dieser einfachen Einteilung widersprechen wollen, aber so war es wirklich einmal. In einer längst vergessenen Zeit, bevor ein findiger Blizzard-Mitarbeiter verkündete, dass die Farbe eines Gegenstandes nichts über seine Qualität aussagt, sondern lediglich seine Seltenheit anzeigt. Somit war es für die Spieler völlig verständlich, dass es in den ersten Level-Instanzen wie dem Flammenschlund lediglich grüne Gegenstände als Belohnungen gab. Erst mit der zunehmenden Komplexität der Boss-Begegnungen wurde man mit blauer („Ohhhhh!“) Ausrüstung für seine Heldentaten entlohnt. Diese verfügten generell über ein höheres Attributspunkte-Budget pro Item-Level und boten daher auf gleicher Gegenstandsstufe mehr Boni. (Wir erinnern uns an die Aussage, dass es sich bei den Farben nur um Seltenheitsabstufungen handelt?)

Das Konzept grün=einfach und blau=etwas schwerer zeigt sich auch heute noch in den Anfangsgebieten einer neuen Erweiterung, wenn normale Quests lediglich grüne Belohnungen bieten und der Abschluss einer ganzen Aufgabenreihe oder einer Gruppen-Quest die begehrten blauen Gegenstände ausspuckt.

Im Jahr 2005 zogen somit hunderttausende grün-gewandeter Helden Richtung Stratholme und Scholomance um das erste Klassenset der WoW-Geschichte zu ergattern: T0 bot für alle Instanzgänger neben einfachen Setboni ein herrlich blaues Leuchten der Gegenstandsnamen. Vergleichbar ist die Leistung der damaligen Spieler mit dem heutigen Bewältigen eines heroischen Modus der gängigen 5-Spieler-Dungeons. Nicht einmal der erste Schlachtzug für 15 WoWler in der Oberen Schwarzfelsspitze bot bessere Ausrüstung; dort komplettierte man ganz einfach sein T0-Set und war auch gar nicht böse, dass es nur blau war.

Erst die Einführung der gewaltigen 40-Spieler-Schlachtzüge in Onyxias Hort und dem Geschmolzenen Kern offenbarte eine noch fantastischere Stufe: Lila war fast ausschließlich den Raidern vorbehalten – sieht man einmal von ganz seltenen World-Drops wie dem Stab des Jordan ab – und konnte als T1-Set doch nicht jeden Spieler überzeugen. Die Attributswerte boten für viele Klassen nur eine minimale Verbesserung und zwängten ihnen dank einseitiger Set-Boni eine bestimmte Spielweise auf.

Aber eines stand zu dieser Zeit fest:

• Grün ist für Neueinsteiger.
• Blau trägt der engagierte Instanzenspieler und der PvPler.
• Lila ist den Raidern und hochrangigen Gankern vorbehalten.
• Orange ist pures Glück.

Persönlich konnte ich etwas mit dem Konzept der schnellen Zuordnung eines Spieler-Fortschrittes anfangen. Dass die Qualität der Ausrüstung trotz anderslautender Äußerungen der Blizzards mit fortschreitender Farbe zunahm, war ein netter Nebeneffekt für besagte Schlachtzügler. Allerdings entbrannte bereits damals in diversen Foren die gruselige Neid-Debatte. Angefacht von Wenigen hackten Raider und Nicht-Raider aufeinander ein, während die große Masse mit ihrem Spiel zufrieden war. Ein Arkanitschnitter war schließlich eine herausragend gute Waffe und der Schädelflammenschild wurde nicht automatisch zum Super-Item, weil sein Name so schön lila war.

Doch wie schaut es heute in Wrath of the Lich King aus?

Allerorten sieht man lilafarbene Spieler und weiß doch nicht sofort, wo sie ihre Ausrüstung ergaunert haben. Dabei fällt besonders seit WotLK auf, dass alle Gegenstandsfarben von Grün bis Lila besondere Werte oder Spezial-Proccs tragen können. Eine Unterscheidung ist also auch auf der Attributsebene nicht mehr zu finden. Da man gleichzeitig ab einem bestimmten Punkt nur noch in epische Ausrüstung gekleidet ist, stellt sich doch die Frage: „Wofür coloriert man Gegenstandsnamen überhaupt noch?“ Schließlich muss man sich erst umständlich die einzelnen Item-Level oder das verpönte Gearscore besehen, um Aussagen über die Qualität treffen zu können. Erschwert wird diese Bewertung einer Ausrüstung durch den Umstand, dass epische Gegenstände trotz gleichen Item-Levels wesentlich höhere Attributswerte tragen können als ihre raren Pendants.

Wenn Grün nicht mehr in den Köpfen der Spieler existiert, Blau lediglich eine kurze Zeitspanne im Leben eines WoW-Spielers einnimmt und Lila der Standard ist und niemand mehr weiß, wie gut die getragene Ausrüstung wirklich ist, dann hat sich dass Konzept der Gegenstandsfarben überholt.

Cataclysm: Heroische Instanzen = Blaue Beute; Schlachtzüge = Lila Beute

Die Balance zwischen rar und episch soll mit Cataclysm also wieder Einzug halten. Blau wird aufgewertet und Lila dient der Abstufung zwischen Instanzlern und Schlachtzüglern. Wenn sich die Qualität der Gegenstände nicht signifikant unterscheidet, dann kann man meiner Meinung nach endlich wieder von einer Berechtigung der Farbkodierung sprechen. Falls es die Entwickler allerdings nicht schaffen sollten, blaue Ausrüstung für Zahlenfreaks und Nörgler zu balancieren, wird wohl ganz gewiss wieder eine Flame-Welle in den internationalen Foren entbrennen, deren Druck man sich bei Blizzard schwerlich entziehen können wird. Die Zukunft ist ungewiss, mein Plädoyer für farblose Ausrüstung steht. 😉

Und danke.