Angelmeister in New World ♡ Veröffentlicht vonImke

Mama sein ändert alles! Zwei Kinder, eine Hochzeit und eineinhalb Jahre Elternzeit später, sind Zockerabende rar gesäht. Eine Partie Hearthstone hier, ein paar Civilization-Züge dort und schon springt das Babyphone an, da Sohnemann den Schnuller vor seiner Nase nicht mehr sieht. Kurze, am besten rundenbasierte Spiele bei denen jederzeit pausiert werden kann, sind derzeit auf meiner Favoritenliste. Oder aber ich schaue anderen beim Zocken zu. Wenn nicht selber spielen, dann halt zusehen, wie andere die Spiele spielen zu denen mir die Zeit fehlt. Twitch ist mein neues Fernsehen. Und ja, ab und zu schaut dann halt auch der Nachwuchs auf den Bildschirm. „Früh übt sich!“ denken wir; „Gefährlich!“ sagt die Oma. Ist es das?

Generationenkonflikt vorprogrammiert

Die Oma ist zu Besuch und bespaßt die Enkelkinder. Wir fallen aufs Sofa, atmen einmal tief durch, freuen uns, dass die Rabauken gerade nicht auf uns herumhampeln und schalten Twitch an. Fünf Minuten für uns! Nach einigem Hin- und Hergezappe bleiben wir bei einem CS:GO-Turnier hängen. Keine zwei Minuten später hören wir den Sohnemann ins Wohnzimmer stolpern und Oma hinterherrennen. Unser Kitakind bleibt vorm Fernseher stehen und beobachtet neugierig das Geschehen.

„Schaut er das öfters?“ hören wir Oma besorgt fragen. „Wenn er nicht gerade Peppa Pig angemacht hat und wir die Kontrolle über den Controler wiedererlangt haben, ja dann schaut er ab und zu mal Twitch Streams mit uns“ erwidere ich. „Habt ihr da nicht Angst, dass er das falsch versteht? Das mit der Ballerei und den Waffen? Ich mein, die erschießen da ja Leute.“ Omas Blick spricht Bände. Sie ist ernsthaft besorgt und würde ihr Enkelkind am liebsten ins Bällebad vom Småland schmeißen anstatt es weitere fünf Minuten CS:GO ansehen zu lassen.

Cowboy und Indianer vs. CS:GO

Ich erinnere meine Mutter kurz an ihre eigenen Kinder. Das eine rannte mit Indianderfederschmuck im Haar, lässig coolem Revolvergürtel (dual wielded versteht sich) und voller Munitionstasche durch die Nachbarschaft, während sich das andere Kind mit blutverschmiertem Tomahawk regelmäßig in Nahkampfrangeleien behauptete. Resultat: zwei wohlerzogene Kinder, die alles andere als aggressiv sind und nie auch nur einer Fliege was zu Leide tun konnten. Ja selbst die Regenwürmer wollten wir nicht drangsalieren, da auch sie nur Lebewesen sind. Aber mit meinen Revolvern habe ich liebend gerne um mich geschossen und jeden Pfennig meines schmalen Taschengeldes für neue Munition aufgespart.

Irgendwann während der 80er im hohen Norden noch weit bevor es Counterstrike gab.

 

Es war schon immer schwierig meiner Mutter zu erklären, was ich und mein Mann beruflich machen. Was mit Spielen. Ja diese virtuellen, auf dem PC und ja dazu gehören auch diese Ballerspiele, die laut Tageszeitung immer Schuld an jedem Amoklauf sind, weil war ja auf dem PC von XYZ installiert. Nicht das jeder Jugendliche heute Spiele spielt und Steam CS:GO ununterbrochen für nen Appel und nen Ei verscherbelt und es daher eh gefühlt auf jedem Rechner vor sich hinschlummert. Nein das ist eine andere Geschichte. Meine Mutter ist besorgt. Verstehe ich. Daher versuche ich zum x-ten Mal diese Sache mit dem kompetitiven Gaming zu erklären. Preisgelder, professionelle Teams, Trainer, Werbepartner, Fernsehausstrahlung, bis auf den letzten Platz ausverkaufte Arenen – mein Monolog ist lang. Ob ich die Sorge meiner Mutter auch nur im geringsten mindern konnte? Wenn überhaupt dann nur geringfügig.

Offenheit statt Geheimniskrämerei

Neuer Ansatz: Mama und Papa arbeiten beide in der Spieleindustrie. Unsere Leidenschaft sind Computerspiele. Sie sind Alltag für uns, etwas mit dem wir aufgewachsen sind, etwas was unsere Fantasie als Kinder nur angeregt und nicht gehindert hat, etwas bei dem wir tolle Menschen kennengelernt haben, was uns verrückte Abenteuer in diversen Ländern dieser Welt beschert hat und was uns schlussendlich zusammengebracht und uns diese umwerfenden Kinder geschenkt hat. Diesen essentiellen Teil in unserem Leben nicht mit unseren Kindern zu teilen, ihnen unser Wissen nicht weiterzugeben, wäre nicht nur idiotisch sondern auch schlichtweg nicht möglich. Wir wollen unseren Kindern erklären, warum wir Spiele so lieben. Offen mit ihnen darüber reden anstatt ihnen etwas zu verschweigen, das ein normaler Bestandteil unseres Lebens ist. Und dazu gehören nicht nur die vielen positiven sondern auch gelegentlich die ein oder anderen negativen Aspekte. Sei es das Thema Sucht, Mobbing oder meinetwegen auch das Thema Waffen und Gewalt. Reden wir offen mit unseren Kindern darüber, werden sie sicherlich zu netten, weltoffenen und selbstbewussten Gamern heranwachsen. Ob diese Erklärung bei Oma mehr gefruchtet hat? Ihr Blick sagt alles. Wir gehen einen Kompromiss ein: wir machen die Flimmerkiste aus und lassen die Kinder Cowboy und Indianer mit Oma spielen. Equipment sponsored by Großeltern.

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4 Kommentare

  1. Tjoa, diese Diskussion hab ich mit meiner Frau auch geführt, allerdings eher in Richtung Fernseher an oder aus wenn der (inzwischen 2,5 Jahre alte) Nachwuchs wach/da ist. Wir haben uns dazu entschieden, die Glotze komplett wegzulassen. War anfangs sehr anstrengend für mich, inzwischen find ichs prima.

    Zu deinem ersten Absatz: Geht mir genau so. Spielen? Wenn überhaupt rundenbasiert. Witcher3, Tomb Raider, das letzte Assassins Creed – alle mal „als Schnäppchen erworben“ und nie gespielt 🙁

    1. Genau so hat es mein Bruder auch gemacht. Inzwischen spielen meine Neffen gelegentlich mal Nintendo DS oder Minecraft an der PS3, aber für neun- bzw. fünfjährige Jungs sind sie wunderbar desinteressiert an der Mattscheibe. Für beide ist Fernsehen etwas, was man mal machen kann. Aber Bücher, Lego etc. finden sie viel interessanter.

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